Der Pöstler kommt auf Knopfdruck

Dienstag 02.02.2021 Christian Walter
Christian Walter

Christian Walter ist Geschäftsführer und Redaktionsleiter von swiss made software. Bis Ende 2010 arbeitete er als Fachjournalist für das ICT-Magazin Netzwoche, publizierte zuletzt aber auch im Swiss IT Magazin, der Computerworld sowie inside-it.

Die Post lanciert einen neuen Bestellstift. Mit diesem können Hausservice-Kunden verschiedene Dienstleistungen, die der Briefträger am nächsten Tag erledigt, via OID Tipp-Karte über das LoRaWAN ordern.

Bis zu 400 000 Schweizer Haushalte können bald ihre Postgeschäfte mit dem Hausservice erledigen

400 000 Schweizer Haushalte erledigen heute ihre Postgeschäfte mit dem Hausservice. Dabei kommt der Pöstler direkt zur Haustür und nimmt Briefe und Pakete mit, bringt Briefmarken oder Bargeld und erlaubt das Bezahlen von Rechnungen – bis vor Kurzem ein analoger Vorgang, bei dem die Kunden ein Schild am Briefkasten anbrachten, um den Postboten auf sich aufmerksam zu machen. Nun hat die Post diesen Service digitalisiert und stellt ihren Kunden neben einer Online-Lösung auch einen neuen Bestellstift zur Verfügung – mit einem Knopf, der es in sich hat. 

Der Bestellstift hat ein einfaches Prinzip: Point & Click. Der Stift wird mit einer Tipp-Karte geliefert, auf der alle fünf Dienstleistungen mit je einem eigenen Symbol aufgelistet sind. Zur Bestellung wird einfach der Stift auf das gewünschte Icon gesetzt und ein Knopf gedrückt. Fertig – die Bestellung ist versandt.

OID und LoRaWAN

Erfolgt die Bestellung vor 7 Uhr morgens, kommt der Postbote noch am selben Tag, vorausgesetzt, es handelt sich um einen offiziellen Zustelltag von Montag bis Freitag. Damit das funktioniert, wird ein breites Spektrum moderner Technologien eingesetzt. «Der Bestellstift ist eines der grössten IoT-Projekte der Schweiz», erklärt Erich Bieri, IoT Solution Architekt der Post. Der Stift hat ausserdem zum flächendeckenden LoRaWAN-Netzwerkaufbau (Long Range Wide Area Network) in der Schweiz beigetragen. 

Erste Gehversuche mit Prototypen erfolgten 2016. Damals suchte das Projektteam noch nach den richtigen Technologien. «Wir wollten ein Tool entwickeln, das direkt out of the box funktioniert, ohne Installation oder Konfiguration beim Endkunden. Nicht einmal ein Batteriewechsel sollte während der Lebensdauer nötig sein», so Bieri. Nach ersten Experimenten mit NFC-Leser und WLAN-Kommunikation legte sich das Team auf eine Kombination von OID-Leser (Optical Identification Device) und LoRaWAN-Kommunikation fest.
 
«OID-Codes sind praktisch und günstig herzustellen», sagt Christian Fäh, IoT Hardware Engineer der Post. Neben jeder Dienstleistung ist ein Symbol aufgedruckt, das einen OID-Code in Form eines unsichtbaren Punktemusters enthält. Dieses erkennt der Bestellstift beim Antippen. Ausserdem hat OID den Vorteil, dass praktisch unbegrenzte Codes für weitere Dienstleistungen oder Sonderaktionen zur Verfügung stehen. «Das heisst, die grundlegende Technologie kann von uns auch in anderen Use Cases ohne neue Investitionen verwendet werden.»

Smartphone des Pöstlers

Für die Übertragung ist LoRaWAN nicht nur wegen der schweizweiten Abdeckung ideal: Der Stift sendet ein Funksignal, das aufgrund der tiefen Frequenz gut Gebäudewände durchdringen kann, eine hohe Reichweite besitzt und dabei nur sehr wenig Energie verbraucht. Die Battterielebensdauer des Bestellstifts beträgt je nach Nutzung bis zu zehn Jahre. Sendet der Bestellstift ein Signal, wird dieses vom LoRaWAN-Netzwerk empfangen und an die IoT-Plattform der Post weitergeleitet, um schliesslich in der Businessapplikation «Leistungen am Domizil» zu landen. Diese verarbeitet die Bestellung, bestimmt den zuständigen Postboten und lädt den Auftrag auf dessen Smartphone. Der Vorteil liegt auf der Hand: Musste dieser in der Vergangenheit nach den erwähnten Steckschildern Ausschau halten und immer die ganze Tour abfahren, kann er jetzt gezielt dorthin, wo er gerufen und gebraucht wird.

Bis Ende zweites Quartal 2021 soll der Rollout der neuen Hausservice-Lösung abgeschlossen sein.

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