Christian Walter ist Geschäftsführer und Redaktionsleiter von swiss made software. Bis Ende 2010 arbeitete er als Fachjournalist für das ICT-Magazin Netzwoche, publizierte zuletzt aber auch im Swiss IT Magazin, der Computerworld sowie inside-it.
Mit Maschinen reden oder chatten wie mit anderen Menschen, das ist gleichzeitig toll und furchtbar. Kaum ein IT-Thema wird so gehyped oder mit Hollywoodmythen unterlegt wie KI. Dabei hat dieses Maschinengeflüster heute meist wenig mit KI zu tun.
«In erster Linie relevant ist der Nutzen und nicht, ob die Technologie hinter dem Sprachinterface auf KI beruht», erklärt Dr. Sibylle Peuker, User Experience Architect bei der Agentur Zeix. Für die Interaktionsspezialistin blockieren gängige Hollywood-Bilder die Sicht auf das Potenzial der sogenannten Conversational Interfaces. Gemeint sind vor allem Chatbots: Webdienste, die Dialoge auf Chat-Plattformen oder Websites simulieren. Der User fragt, der Chatbot antwortet. Technisch ist das nicht neu und wurde unter dem Stichwort Wizard schon versucht – man denke an Microsofts gern gehassten Karl Klammer.
Dass es diesen Trend jetzt ansatzweise gibt, liegt weniger an den Fortschritten im Bereich KI und mehr an WhatsApp: «Chatten hat diese Interfaces normalisiert und die Menschen durch die Hintertür auf Gespräche mit Maschinen vorbereitet», wie Sibylle Peuker feststellt. Damit lassen sich Formulare einfacher und weniger langweilig ausfüllen, wie Zeix im Rahmen einer Studie herausgefunden hat, denn die NutzerInnen sehen immer nur einen Schritt in Form einer Sprechblase – so wird das Ausfüllen zum Dialog.
Wozu dient die Technologie?
Die Frage nach der Funktion der neuen Technologie muss noch erforscht werden. Dass es hierbei viele Fragezeichen gibt, zeigt sich, sobald ein Mensch mit einer KI konfrontiert wird. «Was soll ich Alexa überhaupt fragen?», hörte man bei Zeix während der Studie häufig. Doch das kann man schulen, zum Beispiel, indem das Interface selbst Möglichkeiten aufzeigt. Auch kommt so eine Technologie eher zum Tragen, wenn normale
Handlungsmuster blockiert sind oder es um Bequemlichkeit geht. Zum Beispiel kann man sich von Alexa etwas auf die Einkaufsliste setzen lassen, wenn man mit schmutzigen Händen in der Küche steht, oder man kann vom gemütlichen Sofa aus einen Song auswählen.
Hier zeigt sich ein Unterschied zu KI-Erfolgen wie Googles Deep Mind, das vor Kurzem die weltbesten GO-Spieler besiegte. «Dabei gibt es klare Regeln. Für Gespräche zwischen Menschen ist die dort angewandte Methodik nur bedingt tauglich», so Peuker. Die zentrale Herausforderung ist vielmehr, Conversational Interfaces so zu bauen, dass es eine positive User Experience gibt. Auch Datenberge helfen nur bedingt. Beispiel Alexa: Dort arbeitet ein ganzes Team, das zuerst überlegen muss, was die User überhaupt brauchen und wie sie es formulieren würden. Die Daten zeigen einfach hinterher, ob die Überlegungen richtig waren und wo die User steckenbleiben. So gesehen verliert KI einiges an Bedrohlichkeit. Denn wesentlich bleibt der Kontext des Dialogs und nur, wenn dieser verstanden wird, kann ein Chatbot angemessen auf den Menschen reagieren. Für dieses Verständnis müssen die Leute vor Ort sein – also in der Schweiz forschen und entwickeln.
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