Wie reich sind die Schweizer Gemeinden?

Montag 24.08.2015 Christian Walter
Christian Walter

Christian Walter ist Geschäftsführer und Redaktionsleiter von swiss made software. Bis Ende 2010 arbeitete er als Fachjournalist für das ICT-Magazin Netzwoche, publizierte zuletzt aber auch im Swiss IT Magazin, der Computerworld sowie inside-it.

Mit HRM2 kommt ein Buchhaltungsstandard zum Einsatz, der neue Einsichten in die Finanzen von Städten und Gemeinden erlaubt. Erste Erfahrungen sammelte man im Kanton Aargau mit Abacus Business Software.

«Nicht reicher, aber transparenter geworden»: Marc Lindenmann, stv. Finanzleiter der Stadt Lenzburg

2014 erfolgt der Jahresabschluss aller Gemeinden und Städte im Kanton Aargau nach dem neuen harmonisierten Rechnungsmodell für die Kantone und Gemeinden (HRM2). Nach dem Prinzip «true & fair» sollen ganz andere Richtlinien für die Rechnungslegung etabliert werden als bisher mit HRM1. Konkret bedeutet dies die Einführung eines gestuften Erfolgsausweises, die Erweiterung des Anhangs zur Jahresrechnung sowie – erstmalig – eine richtige Anlagenbuchhaltung. Adieu Bestandesrechnung und Laufende Rechnung. In der Folge stieg in der Stadt Lenzburg die Bilanzsumme von 82 auf 213 Millionen Schweizer Franken. «Wir sind nicht auf einmal reicher geworden, sondern einfach transparenter», so Marc Lindenmann, stellvertretender Leiter Finanzen der Stadt Lenzburg. Die neuen Zahlen ergaben sich durch die Rückerfassung aller Investitionen der letzten 20 Jahre. In Lenzburg wusste man dies bereits 2013, also ein Jahr früher als in den anderen Aargauer Städten und Gemeinden, da die Stadt ein Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit dem Kanton und Talus Informatik unter Einsatz von Abacus Business Software durchführte. Anfang 2012 wurde dafür ein neuer Mandant auf Basis eines den Anforderungen des Kantons entsprechenden Kontenplans aufgesetzt. Dann hat man erstmalig die Budgets für das Jahr 2013 nach HRM2 erfasst. Parallel dazu wurde die Jahresrechnung 2011 auf HRM2 übersetzt. Durch Vergleiche mit dem Abschluss 2013 sollte so sichergestellt werden, dass der neue Mandant zuverlässige Ergebnisse liefert. An dem Projekt beteiligt waren die beiden Finanzverantwortlichen der Stadt Lenzburg sowie ein Mitarbeiter von Talus.

Umdenken und Vereinfachen

Die Abacus-Softwarehataberauchein Umdenken in der Buchhaltung erfordert. «Vielerorts wird heute noch mit einer hohen Anzahl Konten gearbeitet. Funktionen und Arten sind so in einem Konto kombiniert und schaffen unnötige Redundanzen», so Martin Riedener, Abacus-Verantwortlicher für Städte und Gemeinden. Stattdessen werden bei Abacus Art und Funktion getrennt und einmal als Konto und Kostenstelle dargestellt. Ein Beispiel: Statt je ein Konto «Büromaterial» für die Funktionen «Finanzen» und «Gemeindekanzlei» anzu-

legen, gibt es nur ein Konto «Büromaterial». Die dort erfassten Buchungen können flexibel jeder Kostenstelle (Funktion) zugeordnet werden. Dadurch sank die Kontenzahl in Lenzburg von 1700 auf 570. Parallel dazu stieg die Zahl Kostenstellen von 4 auf 100. Ein weiterer Vorteil des Abacus-Modells für HRM2 zeigt sich beim Reporting. Unter HRM1 mussten rund 110 individuelle Reports erstellt werden. Heute sind es nur noch 35, obwohl neue Themen wie Geldflussrechnung und Eigenkapitalnachweis dazugekommen sind.

Unterdessen haben über hundert Städte und Gemeinden in den Kantonen Glarus, Zürich, Basel-Landschaft, Aargau sowie die Stadt Chur auf HRM2 umgestellt.

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