Technologie gegen Geldwäscherei

Montag 11.08.2014 Christian Walter
Christian Walter

Christian Walter ist Geschäftsführer und Redaktionsleiter von swiss made software. Bis Ende 2010 arbeitete er als Fachjournalist für das ICT-Magazin Netzwoche, publizierte zuletzt aber auch im Swiss IT Magazin, der Computerworld sowie inside-it.

Die Umsetzung der Compliance-Vorschriften in der Finanzindustrie wird zunehmend komplexer. Kein Wunder, dass auch Regulierungsorganisationen auf eine moderne IT setzen, um sich im Gesetzesdickicht nicht zu verheddern.

Kreatives Arbeiten in luftigen Höhen

Schutz vor Unbefugten

Gerade Letzteres ist von zentraler Bedeutung, da es dem VQF obliegt, seine Mitglieder regelmässigen Revisionen zu unterziehen. Kommen dabei Unstimmigkeiten zu Tage, so können Sanktionen verhängt werden. Angefangen bei Massnahmen, Konventionalstrafen oder Ausschluss reichen diese bis zu ausgedehnten Schieds- bzw. Bundesgerichtsverfahren. Sensible Daten dürfen also unter keinen Umständen von aussen zugänglich sein.
Doch zunächst zum Kundenportal: Über dieses Werkzeug hat der gesamte Kundenstamm des VQF – immerhin 1500 Mitglieder mit über 10000 relevanten Personen – jetzt elektronischen Zugriff auf seine Profildaten. So werden Anpassungen am Gesellschaftszweck, der Adresse oder auch die Bekanntgabe neuer Vorstandsmitglieder elektronisch und in Eigenregie möglich. Bisher erfolgte das alles auf postalischem Weg. Da der VQF bei Mutationen ein Vetorecht hat, wird so die Erfüllung der Aufsichtpflicht erleichtert.

Eine weitere Effizienzsteigerung konnte bei der Vereinbarung von Revisionsterminen über das Kundenportal erreicht werden. Anstatt via Telefon und E-Mail Termine zu vereinbaren, wurde hier ein Terminvereinbarungsprozess hinterlegt. Terminvereinbarungen erfolgen neu elektronisch und rund um die Uhr. Aber auch an den Revisor wurde gedacht: Steht ein Revisionstermin an, werden alle für ihn notwendigen Dokumente vom System vorausgefüllt bereitgestellt. Nach getaner Arbeit kann der Revisor dann sogar seine Zeiten elektronisch erfassen und damit eine aufwandsgerechte Fakturierung gewährleisten.

Gesetzesanpassungen reflektieren

Ein weiteres Modul vereinfacht die Verwaltung von Schulungen, eine weitere Kernaufgabe des VQF. Die Finanzintermediäre sind gesetzlich verpflichtet, ihr Wissen um Gesetzesänderungen mittels Schulungen und Seminaren à jour zu halten. Über das Kundenportal können sich Mitglieder wie auch Dritte jederzeit für Schulungen anmelden. Digitalisiert wurden hier aber nicht nur Anmeldung und Verwaltung, sondern auch die Bereitstellung der Kursunterlagen.

Schliesslich muss auch der VQF Rechenschaft ablegen. Zu diesem Zweck ist er der Schweizer Finanzmarktsaufsichtsbehörde (FINMA) unterstellt. Einmal jährlich erfolgt eine Deklaration in Form einer umfangreichen Statistik. Diese gibt Auskunft über die Anzahl der Mutationen, Ein- und Austritte, Sanktionen, Schiedsverfahren, Ausschlüsse und Ähnliches. Was früher mit einem Arbeitsaufwand von mehreren Tagen verbunden war, wird nun automatisch innerhalb weniger Minuten durch die Applikation erzeugt. Dies ist ein zentrales Element der zweiten Projekthälfte beziehungsweise des neuen Backends.

Besagte Deklaration des VQF beruht auf den jährlichen Selbstdeklarationen der Mitglieder. Daher war es wichtig die Applikation so flexibel zu halten, damit deren Eingabemasken vom VQF dynamisch und ohne Programmieraufwand angepasst werden können. Wozu dies? Gesetzesänderungen erfordern häufig Anpassungen der Selbstdeklarationsfragen. Das Kundenportal unterstützt die Bewirtschaftung von Fragen, ohne Softwareänderungen sowohl für den Bereich Webanzeige (UI) als auch für die Dokumenterstellung.

Automatisierung der Rechnungen

Das Backend ist ausserdem an das Buchhaltungssystem angeschlossen. Das erlaubt dem System Rechnungen für die bereits erwähnten Mutationen oder Schulungen automatisch zu erstellen und direkt zu übertragen. Auch hier konnte ein bisher manueller Prozess automatisiert werden.
Ein solch umfangreiches Softwareprojekt barg natürlich gewisse Risiken. Zum einen war die alte Applikation während der letzten zehn Jahre mehrmals erweitert worden – leider ohne irgendeine Dokumentation. Anderseits war die Datenqualität mangelhaft, was für die Migration eine grosse Herausforderung darstellte. Um dem VQF die nötige Investitionssicherheit zu geben, wurde deshalb ein Kostendach vereinbart. Helbling konnte diesen Weg gehen, da aus ähnlichen Projekten viel Spezialwissen vorhanden war. Ferner waren Kundennähe, Domänen-Know-how sowie sprachliche und kulturelle Nähe wesentliche Erfolgsfaktoren. Technisch wurde auf der JavaEE Plattform aufgesetzt. Zum Einsatz kamen ausschliesslich Open-Source-Komponenten.

Beide Applikationen, Kundenportal und Backend-System, wurden von den Mitgliedern als auch von Mitarbeitenden des VQF positiv aufgenommen. Einerseits führt die durchgängige Lösung zu Transparenz und Übersicht sowohl auf Mitglieder- wie auch auf Mitarbeiterseite. Andererseits wurde der Arbeitsaufwand bei wiederkehrenden Aufgaben stark reduziert und viele Arbeitsschritte automatisiert.

Das Kundenportal wurde in sechs Monaten realisiert und ist seit Dezember 2012 live. Die Backend-Applikation wurde in acht Monaten umgesetzt und läuft seit August 2013. Für beides wurden Zeit- und Kostenvorgaben vollumfänglich eingehalten.

Weitere Artikel zum Thema Sicherheitsconsulting